Haushaltsrede zum Haushalt 2018

von Ilona Kottmann-Fischer, Sprecherin der Grünen Kreistagsfraktion


 

Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Damen und Herren,

„Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.“

Dieses Zitat von Antoine de Saint-Exupéry steht für unsere Fraktion für den bereits erfolgten Wechsel der Blickrichtung im Umwelt- und Klimaschutz. Das Zitat steht aber auch für die Notwendigkeit der Veränderung des Blickwinkels von Politik und Verwaltung in anderen Bereichen! Der Kreis Soest wird „Grüner“!

  • Zum Klima und Umweltschutz im Kreis Soest:

Der „European Energy Award“ wird dem Kreis Soest am 23. Januar 2018 in einer Feierstunde in Bochum überreicht. Der Grüne Antrag auf Teilnahme wurde 2012 im Kreistag noch von CDU und SPD mehrheitlich abgelehnt. Umso mehr freuen wir uns heute, dass der Kreis für seine Energie- und Klimapolitik zertifiziert wird.

Ein Erfolg in diesem Zusammenhang ist, dass der Klimaschutzmanager mit der Verabschiedung des Stellenplanes 2018 einen unbefristeten Arbeitsvertrag, unabhängig von der Zusage der Fördermittel, erhält! Beim Klima- und Umweltschutz ist für uns die nächste Etappe die Weiterentwicklung des Klimaschutzkonzeptes. Das Klimaschutzkonzept des Kreises muss jetzt, ausgehend von den Klimagipfeln in Paris, Marakkesch und Bonn weiter fortgeschrieben werden.
Die Klimaziele des Kreises müssen vor dem Hintergrund der Vereinbarungen überprüft und deutlich ambitionierter werden!

Die Einrichtung einer Personalstelle zum Gewässerschutz in 2018 ist für uns ein weiterer Erfolg, denn die Überprüfung von möglichen Schadstoffeinleitungen in Gewässer konnte mit dem vorhandenen Personal nicht mehr gewährleistet werden. Im Sinne des Umweltschutzes bedanken wir uns ausdrücklich bei der Verwaltung und den Fraktionen im Kreistag für die Umsetzung.
Es war allerdings ein dickes Brett, das es zu bohren galt und wenn wir hier durch unsere Beharrlichkeit genervt haben, ist es uns recht. Bei der Optimierung des Altlastenmonitorings werden wir im Umweltausschuss weiter beharrlich bleiben!

  • Faire Finanzpolitik für die Städte und Gemeinden im Kreis Soest:

Der Zahlbetrag der Kreisumlage bleibt, im Sinne einer fairen Finanzpolitik für die Städte und Gemeinden in 2018 unverändert gegenüber dem Vorjahr! Dies begrüßt unsere Fraktion, da keine Anhebung der Kosten für die Kommunen im Rahmen der Kreisumlage erforderlich wird!

Im Sinne einer fairen Finanzpolitik sind jedoch, anders als im Kreisausschuss mehrheitlich entschieden, die Verbesserung bei den Schlüsselzuweisungen und die Verbesserung bei der LWL-Umlage direkt zur Reduzierung der Kreisumlage einzusetzen. Dies sehen wir als Verpflichtung gegenüber den Kommunen im Stärkungspakt und der Haushaltssicherung!
Finanzielle Entlastungen tragen direkt dazu bei, dass z.B. Schwimmbäder, Büchereien, Musikschulen … etc. in den Städten ohne Leistungskürzungen weiter vorgehalten werden können. Somit lehnen wir das Aufstocken der Ausgleichsrücklage, wie im Kreisausschuss beschlossen, auch mit Blick auf die Nachbarkreise Unna und Warendorf, ab ! Beide Kreise zeigen bereits seit einigen Jahren, dass sie auch ohne diese Rücklage handlungsfähig agieren können.

Den Antrag der Linken/ der SO im Kreistag, die Kreisumlage anzuheben und die Ausgleichsrücklage zu Lasten der Kommunen aufzustocken, bleibt uns sehr freundlich ausgedrückt abwegig!
Eine positive Konsequenz einer nicht vorhandenen Ausgleichsrücklage ist, dass Kreistag und Verwaltung deutlicher gewichten müssen: Welche Aufgaben mit welcher Qualität und welchen Standards müssen und sollen durch die Kreisverwaltung vorrangig finanziert werden?
Dieser Diskussion möchte sich unsere Fraktion, auch mit den Bürgermeistern der Städte und Kommunen, gerne stellen.

Den erneuten Investitionskostenzuschuss für den Flughafen Paderborn-Lippstadt, lehnen wir, ebenso wie die Höhe des Zuschussbedarfes für die Wirtschaftsförderung, ab!
Die ökologischen und ökonomischen Gründe für die Ablehnung haben wir im letzten Kreistag bereits umfassend dargestellt. Mit Blick auf die Beteiligungen des Kreises Soest darf aus Grüner Sicht das Aufstocken von Verlustabdeckungen nicht zum Automatismus werden !

Bei der Wirtschaftsförderung sollte der Zuschussbedarf, wie jährlich beantragt, um 14 % abgesenkt werden.
Diese Position haben wir in den Vorjahren hinreichend begründet. Dennoch ist hier zum Haushalt 2018 anzumerken, dass die Stelle des Arztlotsen in der politischen Steuergruppe zum Zukunftskonzept 2030 sowohl von Mitgliedern des Kreistages als auch von Professor Riechenhagen selbst kritisch gesehen wurde.

  • Eine Veränderung des Blickwinkels in der Sozialpolitik ist notwendig:

Für die gesellschaftliche Stabilität, und damit für das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen sowie Menschen mit unterschiedlichen Bildungs- und Einkommensvoraussetzungen sind Sozialräume mit Treffpunkten für junge und alte Menschen, mit Bildungsangeboten sowie mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen unerlässlich!

Der Bücherbus ist 2018 das zentrale Beispiel, dass ein Umdenken von der Kreisverwaltung und den Mehrheitsfraktionen bei sozialen Themen dringend notwendig ist! Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe
hätte sich längst mit der Neuausrichtung der Fahrbücherei intensiv auseinandersetzen können!

Trotz der entsprechender Beschlüsse im Schulausschuss, sich mit der konzeptionellen Neuausrichtung zu beschäftigen, blieb die Verwaltung untätig! Mit der Nichtumsetzung der Beschlüsse wurde die Chance, dass der Bücherbus mit einer neuen Konzeption durch unsere Dörfer fährt, verschlafen!
Jetzt ist der Bus fahruntauglich, und es entsteht der schale Beigeschmack, dass seitens der Verwaltung kein Interesse an der Neuausrichtung wirklich bestand.

Dass CDU/SPD Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorwegnehmen, indem sie dem Bücherbus vorweg ausrangieren, finden wir mehr als kurzsichtig, aber auch unkollegial gegenüber der Arbeitsgruppe.
Die Blickrichtung zu ändern, heißt auch hinzublicken, wo unsere Gesellschaft vielleicht nicht so glänzt.
Letztlich ist dieser Blick eine Stärke unserer Gesellschaft, auch im Kreis Soest.

Die Prostituiertenberatung mangels Förderbeiträgen zu gefährden trifft unser absolutes Unverständnis.
So bleibt die Ablehnung der Kreispolitik für den Zuschuss zur Mitfinanzierung der Prostituiertenberatung
TAMAR für uns ein Skandal ! Die Kreise und kreisfreien Städte sind zuständig für die Anmeldung und
Gesundheitsberatung von Prostituierten. Folgerichtig ist für uns, dass die Kreise in der Mitverantwortung sind, ein Beratungsangebot vorzuhalten und mitzufinanzieren. 

Ebenfalls beantragt, hatten wir, für den Haushalt 2018 einen Sachkostenzuschuss für die Erziehungsberatungsstellen.
Die vereinbarten Sachkosten, mit der Verwaltung für Miete, Beratungsräume, Testmaterialien, … etc. scheinen nicht kostendeckend, sodass wir den Kreistagsbeschluss zur Pauschalabrechnung nicht unterstützen.
Solange zwischen Wohlfahrtsverband und Verwaltung die Sachkosten pro Vollzeitstelle um einen 4-stelligen Betrag differieren, gibt es für Politik und Verwaltung einen weiteren Beratungs- und Handlungsbedarf.

Bei dem Antrag auf Zuschuss für die Kontaktstelle Werl-West hätte uns ein positiverer Blick von Verwaltung und Politik auf die soziale Arbeit gefreut. Der Jugendhilfeausschuss hat sich mehrheitlich dagegen entschieden,  die gestiegenen Personalkosten anzuerkennen und so einen höheren Zuschuss als bisher, in Summe 5000 €, zu gewähren. An dieser kleinen Summe zeigt sich, wie schwer es der Politik fallen kann, bei den sozialen Themen den Blickwinkel zu verändern und diese Leistungen dauerhaft durch finanzielle Unterstützung zu stabilisieren.
Die Aufgaben im Werler Westen, Sozialraum- und Lebenswelt orientierte Angebote für Kinder und Jugendliche vorzuhalten, sind geblieben!

Im letzten Jahr hat uns an dieser Stelle das Thema Flüchtlinge intensiv beschäftigt. Unsere Fraktion beantragte die Einrichtung einer psychosozialen Beratungsstelle, der im Kreistag mehrheitlich abgelehnt wurde.
Hier sehen wir zum Ende des Jahres 2018, besonders für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge,
die keine Jugendhilfe mehr erhalten, einen deutlichen Handlungsbedarf!

Die entsprechenden Anträge werden wir in die jeweiligen Fachausschüsse einbringen.
„Willkommen“ alleine reicht nicht aus. Integration ist ein langer und schwieriger Prozess. Diese Integration
– man kann es nicht oft genug wiederholen – ist für die Menschen, aber auch für den gesellschaftlichen
Zusammenhalt von größter Bedeutung und deshalb müssen wir hier in unser aller Zukunft investieren.

Sie, Frau Landrätin, haben in der Presse die Bedeutung des Sozialtickets für den Kreis Soest herausgestrichen und sich dafür eingesetzt, dass die Landesförderung durch die neue Landesregierung aus CDU und FDP nicht eingestellt wird. Wir appellieren an den Kreistag, dass ein möglicher Ausfall der Landesmittel zu keiner Einschränkung für die Nutzer des Sozialtickets führt ! Der Kreistag hat hier beschlossen, dass das Ticket nur Bestand hat, wenn auf den Kreis, über die Fördermittel hinaus, keine Kosten zukommen!
Dies darf nicht sein ! Die Stadt Hamm hat sich bereits jetzt für eine Ausfallbürgschaft entschieden,
sollte das Land die Zahlungen einstellen.

  • Resümee

Durch einen Wechsel der Blickrichtung im Bereich Klima- und Umweltschutz hätten wir in diesem Jahr
gerne dem Haushalt 2018 zugestimmt.

Bei dem Erhalt sozialer Leistungen ist ein stärkerer positiver Blickrichtungswechsel im Kreishaushalt notwendig. Soziale Arbeit lohnt sich für alle.

Daher lehnen wir, trotz der Erfolge im Klima- und Umweltschutz, den Haushalt 2018 ab und hoffen,
in den anderen Bereichen auf gemeinsame neue Wege !