Pandemie ernst nehmen, andere Bedrohungen nicht ignorieren

Eine Pandemie, wie wir zurzeit durchleiden, verschiebt die Gewichte in der Demokratie
eindeutig – und sicher teilweise berechtigt – hin zur Exekutive, also ein Stück weg vom
Parlament, vor Ort weg von den Gemeinde- und Stadträten und weg vom Kreistag. Das ist zur
unmittelbaren Bekämpfung der Krise sinnvoll und richtig. Wenn die Pandemie endlich
abgeklungen sein sollte und die parlamentarische Arbeit wieder vollständig aufgenommen
wird, wird man hier und da auch Kritik üben dürfen und müssen – dann aber stets den
Zeitpunkt der Entscheidungen berücksichtigen.

Wir stellen die getroffenen Maßnahmen mit den massiven Freiheitseinschränkungen
grundsätzlich nicht infrage. Dennoch darf darauf hingewiesen werden, dass bei den immensen
Milliardenzahlungen, die den wirtschaftlichen Abschwung mildern sollen, diejenigen aus dem
Blick geraten sind, die ganz besonders wenig Einkommen haben. Das Kurzarbeitergeld erreicht
in aller Regel nicht den bisher erhaltenen Nettolohn und das hat dann fatale Folgen für die
Familienhaushalte. Die Kinder, die sonst aus Einkommensgründen kostenfrei in der Kita das
Mittagessen erhalten, müssen und werden von den Eltern trotz der Geldknappheit mitversorgt.
Hier hätte es dem Kreis gut angestanden, trotz eventuell fehlender Zuständigkeit kurzfristig ein
Notprogramm für derartige finanzielle Situationen aufzustellen. Die Befreiung von Kitabeiträgen war lediglich eine Selbstverständlichkeit im Hinblick auf die Schließung der Kitas.

Unternehmen großzügig ohne klare Vorgaben zu stützen, aber bedürftige Familien und
Geringverdiener nicht, ist in unseren Augen keine gute Politik.
Ein anderes: Wegen der Kontaktsperren finden derzeit keine Fridays-for-Future-Demonstrationen
statt. Auch haben sich die CO-2-Emissionen coronabedingt für den Augenblick erheblich
reduziert, da auch energieintensive Teile der Wirtschaft massiv betroffen sind. Nichtsdestotrotz
wird dieses ein vorübergehender Effekt sein und das Zeitfenster, das uns bleibt, um
Klimakatastrophen und Artenschwund möglichst gering zu halten – eine Vermeidung ist längst
nicht mehr möglich – wird immer kleiner.

Wir rufen deshalb dazu auf, die Pandemie als Bedrohung der jetzt lebenden Generation in
vielen Ländern einerseits sehr ernst zu nehmen, aber andererseits hierüber die weltweite
Bedrohung für viele weitere Generationen durch die Klimakatastrophe und das Aussterben von
immer weiteren Arten nicht aus den Augen zu verlieren.