Rede zum Haushalt 2020/2021

Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Damen und Herren,

der gleich zu verabschiedende Doppelhaushalt 2020 / 2021 ist der letzte Haushalt, der von diesem Kreistag mit diesen Mitgliedern verabschiedet wird.
Einerseits Zeit für unsere Fraktion, auf die zukünftigen geplanten Haushaltsjahre zu schauen, aber andererseits auch einen Rückblick auf die zurückliegenden Entscheidungen dieses Kreistages aus Grüner Sicht vorzunehmen.

„Im Moment läuft es gut“, zitierte der Soester Anzeiger die Landrätin bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes für das Jahr 2019!

Gut gelaufen ist es tatsächlich für die Kommunen im Kreis Soest, dass mit dem Jahr 2019 der Zahlbetrag der Kreisumlage 3 Jahre in Folge durch Verwaltung und Politik konstant gehalten werden konnte.

Nicht gut läuft, dass dies in den kommenden Jahre nicht mehr möglich sein wird! Geplant ist ein Anstieg der Kreisumlage von 2019 bis 2024 um 37 Millionen. „Eine bedrückende Perspektive für die Bürgerinnen und Bürger“ schreiben die Bürgermeister in ihrer Stellungnahme zum Kreishaushalt.

Die Anhebung der Kreisumlage ist im Wesentlichen externen Faktoren, wie der steigenden Umlage des Landschaftsverbandes oder der Übernahme von Aufgaben durch Bund und Land geschuldet, die vom Kreis finanziert werden müssen. Dennoch ist vor dem Hintergrund der explodierenden Kreisumlage eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kreishaushalt und seinen Leistungen dringend geboten!

Zum Flughafen Paderborn/ Lippstadt

Regelmäßig seit dem Jahr 2012 befasst sich der Kreistag mit der Bereitstellung von finanziellen Mitteln für den Flughafen. In diesem Jahr beschloss der Kreistag wieder eine Verdoppelung des Verlustausgleiches auf 625.000 Euro.

Diese Erhöhung, finanziert in vollem Umfang durch die Städte und Gemeinden über die Kreisumlage, lehnt unsere Fraktion aus Klima- und Umweltschutzgründen, aber auch aus den gerade genannten ökonomischen Gründen ab!

Das Kirchturmdenken, dass jede Stadt oder Landkreis in einem Umkreis von ca. 80 km seinen eigenen Flughafen braucht, muss aufhören!
Der Verwaltung und den zustimmenden Abgeordneten im Kreistag ist es auch in dieser Legislaturperiode, obwohl seit Jahren angestrebt, nicht gelungen, eine finanzielle Beteiligung zum Flughafen durch Wirtschaftsunternehmen im Kreis sicherzustellen!

Zum Klima und Umweltschutz

Gut ist, dass in der Legislaturperiode dieses Kreistages der Klimaschutzmanager eingestellt und dieser Kreistag ebenfalls die Teilnahme am European Energy Award beschlossen hat und sogar den Silberstandard erreicht hat! Dennoch: Mit dem Rückblick auf das Jahr 2019 muss der Klima- und Umweltschutz deutlich ambitionierter werden!

Das Klimaschutzkonzept des Kreises von 2011 ist mit seinen damals beschlossenen Maßnahmen und Zielen und deren Gültigkeit bis 2020 längst überholt. Unverständlich bleibt unserer Fraktion vor dem Hintergrund des Klimawandels oder besser gesagt, des Klima-Notstandes, den das Europaparlament jetzt ausgerufen hat, dass bisher noch keine Fortschreibung der Maßnahmen und Ziele aus 2011 erfolgt ist!

Nach Rücksprache mit dem Klimaschutzmanager sind für die Neuausrichtung des Konzeptes keine finanziellen Mittel in dem gleich zu verabschiedenden Haushalt vorgesehen. Für die Neuausrichtung des Konzeptes beantragten wir im Kreisausschuss und heute im Kreistag die finanziellen Mittel von jeweils 50.000 Euro in 2020 / 21 einzustellen.

Unverständlich bleibt auch, dass mit der Evaluierung der Ziele und Maßnahmen noch nicht begonnen wurde ! Für uns ist dies normales Verwaltungshandeln, das keines CDU/SPD-Antrages bedarf.

Das Klimaschutz auch fortschrittlicher umgesetzt werden kann, zeigt der Blick auf den Kreis Steinfurt. Bereits 2010 fasste der Kreistag hier den Beschluss, bis zum Jahr 2050 energieautark zu sein. Das Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Organisationseinheit der Kreisverwaltung arbeitet in Kooperation mit der heimischen Wirtschaft und insbesondere mit dem Verein „Energieland 2050“ an diesem ambitionierten Ziel.

Bei den Bauvorhaben im Kreis haben Politik und Verwaltung das Thema klimafreundliches Bauen zu wenig in den Blick genommen!
Der Neubau der Bördesporthalle und der Bau der Zulassungsstelle erfolgten nur nach Mindestwärmestandards, die vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele der Bundesregierung unzureichend sind.

Klimaschutz im Kreis Soest muss von Verwaltung und Politik ernster genommen werden!

„Nicht gut gelaufen“, ist es, aus Grüner Sicht, auch mit dem Nicht-Verkauf der RWE-Aktien. Unsere Fraktion bleibt konsequent bei der Haltung, die Aktien zu verkaufen und die Erlöse in Fonds / Projekte zu investieren, die sich dem Klima und Umweltschutz für den Kreis Soest verpflichten!

Nach aktuellem Stand und Rücksprache mit dem Kämmerer Herrn Topp ständen bei Verkauf 300.000 Euro für den Klima- und Umweltschutz zur Verfügung. Dass dafür die Rendite fehlt, nehmen wir ausdrücklich in Kauf, einen Kohleausstieg zum Nulltarif gibt es nicht.

Darüber hinaus gilt es für Verwaltung und Politik mit dem Verkauf ein klares Zeichen für den Umweltschutz zu setzen, und sich nicht weiter an der längst überholten Energiepolitik von RWE zu beteiligen.

Zur Sozial-, Jugend- und Familienpolitik

Die Jugendamtsumlage wird in 2020, gegenüber dem Vorjahr, um 3 Mio. und in 2021 um weitere 5,2 Mio. ansteigen!
Im Wesentlichen resultiert diese Erhöhung aus der Kindertagesbetreuung und dem Anstieg von Hilfen zur Erziehung.
Für unsere Fraktion ist der Ausbau von Plätzen für die Kindertagesbetreuung und die Gewährleistung von Hilfen für Kinder, Jugendliche und Familien eine gesellschaftliche Notwendigkeit!
Die jährliche Kritik der Bürgermeister an der steigenden Jugendamtsumlage können wir daher nicht nachvollziehen!

Die Jugendamtsumlage hat nicht die Möglichkeit, steigende Kosten über eine Ausgleichsrücklage zu kompensieren wie dies bei der Kreisumlage möglich ist !
Für die gesellschaftliche Stabilität ist ein klares Bekenntnis zur Jugendhilfe mit qualitativen, verlässlichen und auskömmlich finanzierten Angeboten unerlässlich.

Unverständlich bleibt unserer Fraktion daher die Ablehnung der Zuschusserhöhung für die Kontaktstelle Werl-West durch den Fachausschuss. Trotz steigender Kosten, u.a. für das Personal, wird der Zuschuss des Kreises seit Jahren nicht angepasst und das Angebot dadurch gefährdet !

Die Finanzierung der Erziehungsberatungsstellen war in den letzten Jahren nicht auskömmlich, nun begrüßen wir hier die Gewährung eines Zuschusses von 40.000 Euro in den kommenden beiden Haushaltsjahren durch Politik und Verwaltung. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, den wir immer gefordert haben. Dennoch: Für die Erziehungsberatungsstellen muss eine dauerhafte, auskömmliche Finanzierung, unabhängig von Zuschüssen, vertraglich festgeschrieben werden!

Endlich wurde in dieser Legislaturperiode eine Vertretungsregelung für die Tagesmütter verabschiedet. Aus grüner Sicht hätte hier – und nicht wie mehrheitlich beschlossen – die Lohnfortzahlung für die Tagesmütter im Krankheitsfall durch den Kreis Soest bis zu 6 Wochen bestehen bleiben müssen!
Ein deutliches Bekenntnis des Jugendhilfeausschusses zur Gruppensupervision von Pflegeeltern hätten wir uns ebenfalls gewünscht!

Unser Antrag im Kreisausschuss, der Prostituierten-Beratungsstelle Tamar, einen jährlichen Zuschuss in 2020/21 in Höhe von jeweils 33.000 Euro zu gewähren, wurde im Kreisausschuss mehrheitlich abgelehnt. Mitte April wird hier die Förderung des Landes auslaufen und, wie es aussieht, auch nicht weiter fortgeführt werden. Vor diesem Hintergrund hat der Träger bei den fünf Landkreisen, in denen Tamar Beratungen anbietet, entsprechende Anträge auf finanzielle Unterstützung gestellt. Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat mittlerweile diesen Zuschuss beschlossen. Würde unser Kreistag, unabhängig von den anderen Kreisen, heute ebenfalls den finanziellen Zuschuss beschließen, könnte Tamar mit den jährlich 60.000 Euro bereits eine Personalstelle absichern und bereits jetzt verlässlich für die Zukunft planen!

Dass CDU und SPD den Zuschuss nur gewähren wollen, wenn alle anderen Kreise ebenfalls Gelder dafür in den Haushalt einstellen, finden wir falsch und kein gutes Signal für die kommenden Abstimmungen in den anderen Kreistagen.

Verantwortung nicht zu übernehmen, obwohl das Angebot allen Fraktionen wichtig erscheint, halten wir für unangemessen!

Finanzierung Grüner Forderungen für den Haushalt 2020/21

Die Schlüsselzuweisungen des Landes NRW an den Kreis Soest sind deutlich höher als im Haushaltsentwurf durch den Kämmerer geplant. Unsere Fraktion beantragte im Kreisausschuss und heute im Kreistag, das Mehr an finanziellen Mitteln im vollen Umfang für Klima und Umweltschutz einzusetzen.

Ebenso wurde die Landschaftsverbandsumlage nicht in dem Maße erhöht, wie im Haushaltsentwurf des Kreises Soest vorgesehen.

Wir beantragen, aus den daraus resultierenden finanziellen Verbesserungen die Arbeit der Prostituiertenberatung „Tamar“ abzusichern !

Ebenso sollte aus diesen Verbesserungen die Arbeit des Kreissportbundes mit jeweils 32.000 Euro je Haushaltsjahr gestärkt werden.

Zur Kreisumlage

Unsere Fraktion beantragt, den Zuschuss des Kreises für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft um 15 % abzusenken. Diese 100.000 Euro sollen eingesetzt werden, um den Zahlbetrag der Kreisumlage zu mindern.

Wir sind überzeugt, dass einige Aufgaben, die durch die Wirtschaftsförderung übernommen werden, wie z.B. das Modellprojekt „Digitalisierung und Pflege“, nicht zu den Kernaufgaben einer Wirtschaftsförderung gehören. Dies wird deutlich bei der Bildung des Dezernats für Regionalentwicklung in diesem Jahr. In dem neuen Dezernat erfüllen jetzt drei Mitarbeiter aus der Wirtschaftsförderung ihre Aufgaben. Mit dem Stellenabbau in der WFG auf der einen Seite, stellt sich andererseits die Frage nach Verringerung des Zuschussbedarfes des Kreises, durch Einsparungen von Personalkosten! 

Uns erscheint eine Wirtschaftsförderung des Kreises ohne eigene Gewerbeflächen mit 13 Mitarbeitern absolut überdimensioniert! Das immer wieder vorgebrachte Argument, die Wirtschaftsförderung spiele mehr ein, als sie koste, ist banal und rechtfertigt den Stellenumfang der Wirtschaftsförderung keinesfalls.

Zur Kreisumlage bleibt schließlich noch anzumerken, dass bei einer grünen Mehrheit im Kreistag die Erhöhung der Verlustabdeckung für den Flughafen nicht beschlossen und die Städte damit über die Umlage nicht belastet worden wären!

Fazit:

Für den Klima- und Umweltschutz im Kreis Soest hätte es im letzten Jahr deutlich besser und ambitionierter laufen können!

In der kommenden Legislaturperiode muss dies zu einem zentralen Thema für den neugewählten Kreistag und die/den neugewählten Landrat/Landrätin werden!

In der Sozialpolitik müssen die Angebote für die Menschen im Kreis Soest dauerhaft gesichert und verlässlich finanziert sein.

Angesichts der Ablehnung unserer Anträge zum Klima- und Umweltschutz, aber auch zur Sozialpolitik, werden wir dem Haushalt 2020/21 nicht zustimmen.

Ilona Kottmann-Fischer